BARE-Bündnis und Flüchtlingsrat Berlin verurteilen in gemeinsamer Pressemitteilung Massenabschiebung nach Moldau und kritisieren schwarz-roten Koalitionsvertrag.
Berlin, 5. April 2023
Die Titelung des am 3. April publizierten Koalitionsvertrages von CDU und SPD klingt vielversprechend: „Für Berlin das Beste. Ein Aufbruch für die Stadt. Eine Koalition für Erneuerung. Ein Regierungsprogramm für alle.“ Tatsächlich aber zeugt das 135-seitige Papier von einem offenkundigen Desinteresse an den Belangen von Roma* und Sinti* in Berlin. Insbesondere von nach Berlin geflüchteten Roma*.
Massenabschiebung am 3. April in Berlin
Am selben Tag ließ die aktuelle und wohl auch zukünftige Innensenatorin Spranger (SPD) in der Hauptstadt schutzsuchende Personen nach Moldau und Serbien abschieben. Unter den abgeschobenen Personen sind vor allem Roma. Wie auch bei allen bisherigen Sammelabschiebungen von Berlin nach Moldau schreckte das Landesamt für Einwanderung dabei nicht vor Familientrennung und der Abschiebung von schwer kranken und Menschen mit Behinderung zurück – wohl wissend, dass der Zugang zu Gesundheitsversorgung und staatlichen Hilfesystemen für Roma in Moldau nicht gewährleistet ist.
Demonstration für ein Bleiberecht vor Berliner Senatsverwaltung
Noch am vergangenen Freitag, den 31.3. – Stichtag des auslaufenden Wintermoratoriums – formulierten schutzsuchende Roma* aus Moldau im Rahmen einer Demonstration vor dem Innensenat deutlich, was sie vom Berliner Senat erwarten: eine Bleibeperspektive für sich und ihre Kinder, um der mehrfach strukturellen Diskriminierung und der damit einhergehenden Existenzgefährdung in ihrem Herkunftsland zu entkommen. Aber vor allem auch um mit ihren Berufserfahrungen und Positionen ein aktiver Teil der hiesigen Gesellschaft zu werden.
Enttäuschung über Berliner Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag der anvisierten schwarz-roten Regierung ist ein Rückschritt um viele Dimensionen: Es wird mit keinem Ton auf die vom bisherigen Senat geplante Gründung eines „Beirat für Angelegenheiten von Rom*nja und Sinti*zze“ eingegangen und darauf, die Umsetzung dieses Gremiums fortzuführen.
Es ist keine Rede von ressortübergreifenden Maßnahmen zur Stärkung der Teilhabe von zugewanderten Roma* und Bekämpfung des Antiziganismus in der hiesigen Aufnahmegesellschaft. Es fehlt das Vorhaben, in der pädagogischen Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften sowie in Rahmenlehrplänen rassismuskritische Kenntnisse über Geschichte und Gegenwart von Sinti* und Roma* sowie Antiziganismus stärker, verbindlicher zu verankern.
Keine Äußerung findet sich zur evidenten Diskriminierung von Sinti* und Roma* auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt; der dringende Bedarf an adäquaten Beratungsangeboten mit Sprachmittlung für zugewanderte Roma* wird ebenfalls nicht erwähnt.
Ebenso hielten es die Verfasser*innen des Koalitionspapiers für verzichtbar, sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Sinti und Roma* zu bekennen und sich für ein humanitäres Bleiberecht für Roma* aus Drittstaaten einzusetzen. Lediglich die Position einer „Ansprechpartnerin bzw. eines Ansprechpartners im Senat zu Antiziganismus“ soll geschaffen werden. Ein Vorhaben das sich bereits der Noch-Senat auf die Fahnen geschrieben hatte.
„Wir setzen uns ein für Vielfalt, gegenseitigen Respekt und Weltoffenheit“, proklamieren CDU-SPD im Kapitel „Stadt der Vielfalt“ des besagten Vertrages.
Vielfalt, gegenseitiger Respekt und Weltoffenheit heißt für uns:
Das Ende der Abschiebungen schutzsuchender Roma* nach Moldau sowie in die Westbalkanstaaten und ein humanitäres Bleiberecht für alle Roma*!
Die konsequente Fortführung und Etablierung politischer Maßnahmen gegen Antiziganismus und zur Unterstützung hiervon betroffener Menschen in Berlin!
Die Übernahme der historischen Verantwortung gegenüber schutzsuchenden und in Berlin lebenden Roma* und Sinti*, nicht zuletzt aufgrund der im Nationalsozialismus verübten Verbrechen!
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Protestbrief für ein Bleiberecht für Roma* aus Moldau!
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Diskriminiert und Abgelehnt
Studie zur Situation schutzsuchender Rom*nja aus der Republik Moldau«, PRO ASYL und Flüchtlingsrat Berlin